evolve Magazin und emerge bewusstseinskultur e.V.
Erdfest-Nachlese 2021
Mit unserem evolve Magazin unterstützen wir die ERDFEST-Initiative seit dem Beginn, denn wir fühlen uns dem Anliegen, Lebendigkeit in eine tiefere Erfahrbarkeit zu bringen und miteinander zu teilen, sehr verbunden. Wir schätzen es sehr, wie Hildegard Kurt und Andreas Weber mit ihrer Vision ein tieferes Verständnis für die Wechselseitigkeit alles Lebendigen wecken. Unserer Wahrnehmung nach eröffnen die Erdfeste Erfahrungsräume, in denen Natur nicht ein Gegenüber oder Objekt ist, sondern wir in der unmittelbaren Erfahrung des Natürlichen mehr und mehr spüren können, dass wir selbst diese Lebendigkeit sind. Es ist ein Verständnis menschlicher Identität in Ungetrenntheit und Verbundenheit, das auch für die Arbeit in unserem Verein emerge bewusstseinskultur e.V. zentral ist. Da wir vor allem Angebote zu Meditation und Dialog machen und diese sehr häufig im Rahmen von Video-Konferenzen, haben wir uns zum zweiten Mal mit einem Online-Event beteiligt.
Die Lebendigkeit des Lebens gemeinsam erfahren, in geschlossenen Räumen sitzend, durch Technologie miteinander verbunden? Wer das noch nicht selbst erfahren hat, mag ein solches Experiment vielleicht verwunderlich finden. Doch die Erfahrungen, die wir mit einer Gruppe von 13 Menschen in zwei Stunden der Meditation und einer Stunde des Dialogs im Rahmen einer Videokonferenz machen durften, sprechen ihre eigene Sprache.
Getragen von einem Auszug aus dem Buch »Landschaften der Seele« des irischen Schriftstellers John O’Donohue haben wir die erste Meditation gestaltet. Die Sensibilität, mit der er darüber spricht, wie wir im Echo (in seinem Beispiel in den Bergen Irlands) ein Miteinander mit dem Lebendigen erfahren, hat etwas in uns und zwischen uns geöffnet: »Die Landschaft und die Natur kennen uns, und das zurückkehrende Echo scheint zu bestätigen, dass wir hier hingehören. Wir leben in einer Welt, die auf unsere Sehnsucht anspricht … Es ist so, als stecke die dynamische Symmetrie des Echos den Radius eines unsichtbaren, aber mächtigen Kreises der Zugehörigkeit ab.« In der geteilten Stille hat sich für uns dieser Kreis der Zugehörigkeit geweitet, unsichtbar und dabei so lebendig erfahrbar. Am Beginn der zweiten Stunde unserer Meditation lauschten wir gemeinsam keltischer Harfenmusik. Das Stück »The Glow within« der Harfenistin Nadia Birkenstock, untermalt mit feinziselierter Percussion von Steve Hubback, hat diese Subtilität weiter vertieft. Jenseits von Worten begann auf subtile Weise etwas zwischen uns zu schwingen.
Im anschließenden Dialog zeigte sich für uns auf überraschende Weise, wie das Natürliche, Lebendige durch diese Art des Zusammenseins zwischen uns feiner als gewöhnlich in einen Ausdruck fand. Manche Teilnehmenden berichteten, wie ihnen in ihren kleinen Pausen beim kurzen Gang in den Garten oder auf den Balkon »die Natur« auf ungewohnte Weise nähergekommen ist, wie sie empfänglicher wurden für das, was ist. Und diese Empfänglichkeit fand in unserem Gespräch ihren Ausdruck. Einerseits war da eine aufrichtige (und in ihrer Subtilität so natürliche) Ehrfurcht vor dem Wunder des Lebendigen, eine beinahe feierliche Stimmung. Gleichzeitig hatten auch die Tiefen des Lebens Raum. Eine Teilnehmerin brachte Schmerz ins Spiel (ohne ihn auf konkrete ökologische Verwerfungen zu beziehen) und in der geteilten Offenheit und Berührbarkeit wurde auch dieser ganz natürlich Teil unserer Erfahrung. Gemeinsam so mit dem Natürlichen zwischen uns und mit unserer Um- und Mitwelt sein zu können, verändert das Bewusstsein. Natur ist dann nicht mehr nur das Grün »da draußen«, die Sonne, der Wind oder der Regen. Wir spüren, dass auch wir diese Natur sind. Dem Lebendigen Lebendigkeit zurückzuschenken, wird dann als (unser) ur-natürlicher Lebensimpuls erfahrbar.
Nadja Rosmann