Gemeinschaft Tamera in Portugal
Fontes Vivas: Gemeinsam mit der Initiative des Landkreises Odemira, die lebendigen Quellen zu ehren, und mit der Devise der Defend the Sacred-Allianz, das »Heilige zu verteidigen«, luden wir zum Erd-Fest Menschen aus der Region und Gäste ein, die Trinkwasserquelle von Reliquias zu besuchen, sie mit Blumen zu schmücken, sie musikalisch und mit einem Picknick dort zu feiern, Erinnerungen an die Wasserversorgung sowie Gedanken zur Lösung der Wasserkrise auszutauschen.
Wir trafen uns in Reliquias mit etwa 40 Menschen aus dem Dorf und Gästen und wanderten die 3 km zur Trinkwasserquelle, die von den älteren Leuten der Region immer noch gern genutzt wird. Ihr gutes Wasser fließt auch im Sommer – im Gegensatz zur instabilen öffentlichen Wasserversorgung. Reliquias gehört zu den vier Gemeinden Portugals, deren Wasserversorgung extrem unsicher ist. Im Zuge von Klimawandel, Wüstenausbreitung und Intensiv-Agrarwirtschaft versiegen Quellen, Trinkwasserreservoirs trocknen aus. Das Wasser kommt mit Tankwagen aus dem nächsten Staudamm, dessen niedriger Wasserstand die Wasserqualität extrem beeinträchtigt. Im Sommer kommt manchmal eine braune Brühe aus dem Hahn. Der Plan, in Zukunft das Dorf aus dem 100 km entfernten Alqueva-Staudamm per Rohrleitungen zu versorgen, dessen mit Agrarchemikalien verseuchtes Wasser nicht nur teuer ist, sondern auch jedes Jahr weniger wird, ist keine wirkliche Perspektive.
Die Natur hat die Region mit exzellenten Trinkwasserquellen versorgt. Einige ältere Leute holen heute noch mit Gefäßen ihr Wasser und widmen die Quellen jeweils einer oder einem ihrer Heiligen. Um viele der Quellen ranken sich Märchen und Sagen von Wunderheilungen und der Rettung durstiger Tiere. Dadurch waren die Ehrung und Pflege der Wasserquellen auch eine »Verteidigung des Heiligen« – wie bei den Indigenen von Standing Rock, die das Wasser als Heiligtum schützten und verteidigten.
Im Zuge des modernen, zentralistischen Wassermanagements verloren die Wasserquellen an Bedeutung und wurden nicht mehr gepflegt. Viele von ihnen versiegen. In trockenen Sommern verdurstet das Vieh oder muss notgeschlachtet werden, Waldbrände bedrohen ganze Regionen. Jetzt, in Zeiten großer Wasserkrisen, besinnen sich die Menschen wieder ihres ursprünglichen Wasserreichtums, der Quellen.
Durch den Gang zur Quelle konnten wir diesen Reichtum wieder ins Bewusstsein bringen. Jüngere Menschen hörten den älteren neu zu, neu in die Region Gezogene der lokalen Bevölkerung, es entstand eine Gemeinsamkeit rund um ein Thema, das uns alle angeht, denn ohne Wasser kein Leben.
Die Verbindung mit dem Wasser ist nicht nur eine romantisch-emotionale: Es geht darum, durch eigene Anschauung zu verstehen, zu sehen und zu begreifen, wie die natürlichen Wasserkreisläufe funktionieren, damit wir sie durch ökologische, dezentrale Maßnahmen regenerieren können. So informierten Tameras Wasser-Spezialist*innen über die Perspektive der Wasserretentionslandschaft: Der Abfluss von Regenwasser wird durch Gräben und Erddämme so verlangsamt, dass das Wasser wieder in den Erdboden eindringen kann. Dadurch werden Überschwemmungsschäden vermieden und die Grundwasserspiegel steigen, das Land wird wieder fruchtbar, wie das Beispiel von Tamera zeigt.
Es war ein gelungenes Erd-Fest und Wasser-Fest, das wir gerne im nächsten Jahr fortsetzen.
Leila Dregger und Monika Alleweldt